SOU GAR KUNE
素家拳
Die verschiedenen Schulen der südlichen Gottesanbeterin
Die Geschichte der südlichen Gottesanbeterin ist besonders in ihren Anfängen heute nicht mehr zu recherchieren und von Legenden umgeben. Es gibt, oder besser gab, drei bzw. vier Basisschulen in den Provinzen Yun Nan, Kuang Xi, Fu Jian und Kanton. Die erste Basisschule ist die Qin Chung Pai Schule der Provinz Yun Nan. Die zweite Basisschule ist die Chu Lin Jia (Juk Lam Gar). Aus ihr und der Qin Chung Pai Schule entstand die Hui Jia (Wooi Gar) Schule. Heute gibt es jedoch keine Lehrer der Qin Chung Pai und der Hui Jia Schule mehr. Die dritte Basisschule stammt aus der Provinz Fu Jian (Hokkian) und wird Ke Jia (Hakka) Schule (nach dem Volksstamm der Hakka) genannt.
Die Hakka waren bzw. sind ein Volksstamm, der ähnlich unseren Zigeunern, durch die verschiedenen südlichen Provinzen wanderte. Sie waren arm und aufgrund ihrer anderen Lebensgewohnheiten und ihrer Sprache nicht gern gesehen. Ihre Kung-Fu Schulen und Systeme sind deshalb immer nur an Schüler ihres eigenen Volkes weitergegeben worden und blieben bis in die heutige Zeit größtenteils geheim. Die dritte Basisschule ist die von dem Mönch Chu Fook To gegründete Hak Ka Tong Long Schule. Sie wird auch als Kwangtung bzw. Kanton Hakka Tong Long bezeichnet. Sie spaltete sich, nachdem sie Großmmeister Lau Siu nach Hong Kong brachte, in die beiden Systeme Chu Gar Kune und Chow Gar Kune auf. Vielfätig wird auch berichtet, dass die zweite Basisschule Kuang Xi Chu Lin Jia (Juk Lam Gar) von der dritten Basisschule abstammt.
Neben der Schule von Chu Fook To gibt es noch eine zweite Basisschule der Hak ka Richtung. Davon sei hier berichtet, jedoch sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Legende handelt, die in der Familie Sou weitergegeben wurde und für die es keine Beweise gibt.
Die Entstehungslegende der Hokkian Hakka Naam Paai Tong Long Sou Gar Kune-Schule
Hiernach gilt als Begründer der zweiten Basisschule der Hak ka Richtung Sou Dak Loong. Von ihm wird berichtet, dass er als Bauer während der frühen Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.) in der Provinz Fu Jian lebte. Während eines Überfalls von Räubern wurde er von seiner Familie getrennt und schwer verletzt. Seine Frau starb, sein Sohn Sou Cheung Shik wuchs bei seinem Onkel auf. Dak Loong wurde von Mönchen des „Siu Chuk Lam Ji“- Klosters aufgenommen und gesund gepflegt. Siu Chuk Lam Ji war ein kleiner Ableger des „Da Chuk Lam Ji“- Klosters, welches nördlicher lag, als das Stammkloster. Von den insgesamt 25 Klostermitgliedern waren 18 Mönche und ausgebildet in Kung-Fu. Ihr Stil war nicht einheitlich und es gab entsprechend den 18 Mönchen 18 verschiedene Tierstile, die da waren: 1.Lung (Drache); 2.Hu (Tiger); 3. She (Schlange); 4.Pao (Leopard); 5.Hao (Kranich); 6. Hou (Affe); 7.Ying (Adler); 8. Fung (Phönix); 9. Kou (Hund); 10. Mao (Katze);11. Xiang (Elefant); 12. Shi (Löwe); 11. Hsiong (Bär); 12.Ma (Pferd); 13.Xing (Gorilla); 14. Lü (Hirsch); 13. Niao (Vogel) und 15.Shan Mo (Luchs). Jeder Mönch beherrschte eine Tierschule. Die Namen der Mönche richteten sich nach dem Tier, das sie vertraten. Der Abt des Tempels war der „Drachen-Mönch“. Nach der Genesung wollte Dak Loong ebenfalls Mönch werden und Kung-Fu erlernen. Er sah heimlich bei den Kampfübungen der anderen Mönche zu und lernte so die Basistechniken. Doch um ein vollwertiger Mönch zu werden musste er auf Befehl des Abtes einen eigenen Tierstil entwickeln. Das war nicht einfach, denn alle „starken“ Tiere waren schon „vergeben“. Dak Loong setzte sich auf eine Wiese und sah den anderen Mönchen beim Training zu. Da sah er im Grass eine Gottesanbeterin, die mit einem Vogel kämpfte und diesen schließlich vertrieb. Neugierig geworden nahm Dak Loong das Tier mit und fütterte es mit Heuschrecken und anderen Insekten. Aus den Fang- und Schlagbewegungen entwickelte er einen eigenen Stil. Damit war er in der Lage, einige der anderen Mönche beim Training zu besiegen. Er trainierte nun zusammen mit den Mönchen und kombinierte neue Techniken hinzu. Obwohl er mit allen gleichzeitig übte, übernahm er nur bestimmte Techniken, die er für sinnvoll hielt. Nach Jahren intensiven Trainings war er sogar in der Lage, den Abt zu besiegen und nach dessen Tod wurde Dak Loong selber Abt des Tempels und erhielt den Titel „Großer Drache“. Erst Jahre später erfuhr Dak Loong, dass sein Sohn Cheung Shik noch lebte. Er unterrichtete ihn heimlich außerhalb des Tempels. So wurde das „Siu Chuk Lam Tong Long“ Kung-Fu nach außen getragen. Sou Cheung Shik bewahrte die Kunst ausschließlich in der Familie auf. Erst 5 Generationen später teilte sich die Schule. Sou Lan Meng wanderte nach Nord China aus und brachte die Schule an den Kaiserpalast, sein Bruder Sou San Tong verblieb in Kanton und gab die Schule innerhalb seiner Familie weiter. Damit endet der Teil, der in der Familie Sou als Legende weitergegeben wird. Der nun folgende Teil wird als wahre Geschichte angegeben.
Die Historie der Hokkian Hakka Naam Paai Tong Long Sou Gar Kune-Schule
Nach der vollständigen Übernahme der Regierung durch die Manchus im Jahre 1644 gab es laufend schwere Kämpfe zwischen den Ming-Rebellen und den Ching-Soldaten. Fast alle Kung-Fu Schulen und Meister rebellierten gegen die Manchus. Auch Sou Fong Gim, Nafchfahre der „Siu Chuk Lam Tong Long“-Schule nach Sou San Tong kämpfte mit. Er besaß zwei Söhne, Sou Fook Loong und Sou Ching Loong, die beide Zwillinge waren. Da aber nach altem Gesetz der Familie nur der älteste Sohn (keine Tochter) die Schule weiterführen durfte, entschloß sich Sou Fong Gim, die beiden Brüder gegeneinander kämpfen zu lassen und der Sieger dürfte die Schule weiterführen.
Die Yin Yeung Tong Long Schule entsteht
Sou Ching Loong war seinem Bruder schon seit frühester Kindheit körperlich überlegen, er war wesentlich stärker. Um seinen Bruder besiegen zu können, beobachtete Fook Long zwei Gottesanbeterinnen im Kampf gegeneinander, die er mit einem weißen und einem schwarzen Punkt auf dem Rücken kennzeichnete. Dadurch studierte er nicht nut die Angriffe der beiden Insekten, sondern speziell die Abwehrtechniken jeder einzelnen Gottesanbeterin. Im Kampf gegen seinen Bruder konnte er damit jeden Angriff abwehren und kontern und seinen Bruder besiegen. Er wurde Nachfolger seines Vaters und so entstand die „Yin-Yang Tang Lang“ Schule (nicht zu verwechseln mit der manchmal ebenfalls als Yin-Yang Tang Lang Schule bezeichneten Richtung der nördlichen Gottesanbeterin des Tai Chi Tang Lang Pai). Viele Begriffe und Grundmuster stammen heute noch aus dieser Schule ab.
Innere Techniken und Farbmagie wird eingeführt
Sein Sohn Sou Cheng Pan führte die Tradition weiter. Er verfeinerte die Techniken und markierte verschiedene Gottesanbeterinnen mit Farbpunkten und ließ sie gegeneinander kämpfen. Aus den Techniken jeder Gottesanbeterin entwickelte er Formen (Kuen) und kombinierte diese Formen mit magischen und taoistischen Denkweisen. Sou Cheng Pan gab seine Techniken an seinen Sohn Sou Tang Loong weiter. Dieser wiederum unterrichtete seien Sohn Sou Wan Loong. Wan Loong führte „innere Techniken“ in die Schule ein. Sein Stil wurde dadurch wesentlich weicher als dies vorher der Fall war. Wan Loong gab seinen Stil an seinen Sohn Sou Hung Ping weiter.
Hakka Say Kune (Vier Fäuste der Hakka) entsteht
Sou Hing Peng war ein Freiheitskämpfer aber auch ein ausgezeichneter Meister der Sou Tong Long Schule. Während seiner vielen Wanderungen durch China lernte er dir Yang- Brüder Yang Shan Tong (Lung Ying Pai:= Drachenstil) und Yang Shan Chi (Fung Ying Pai; = Phoenix Stil) sowie den Bettler Lim Bek Sen (Bek Kau Pai;= weißer Affen Stil) kennen. Die vier kombinierten ihre Techniken und es entstand die Hakka Say Kune Schule. Aus ihr gingen die berühmten „Say Fa Kuen“ (4 Methoden Fäuste) hervor, die später sogar in einigen japanischen Karate-Stilen verwendet wurde.
Die Sou Tong Long Schule und die Tai Ping Revolution
Hakka Say Kune wurde ausschließlich an Angehörige der Hakka – Nationalität weitergegeben, allerdings hatten die vier Lehrer nur zehn Schüler. Sou Ping Hing hatte drei Söhne: Sou Ng Kong, Sou Bak Lay und Sou Bak Loong. Der mittlere Sohn Sou Bak Lay wurde Erbe der Hakka Say Kune Technik, sein älterer Bruder Sou Ng Kong dagegen Erbe der alten Sou Tong Long Schule. Sou Bak Loong, der jüngste Sohn lernte ebenfalls die alte Sou Tong Long Schule, aber er war kein Kämpfer und interessierte sich mehr für den Handel, als seine beiden Brüder, die wesentlich bessere Kämpfer waren. Während Sou Ng Kong sein Kung-Fu für sich behielt, bildete Sou Bak Lay Schüler aus, die den Umsturz der alten Traditionen vornehmen sollten. Er war ein Revolutionär und enger Freund von Hung Hsiu Chuan, dem großen Hakka Führer der Tai Ping Rebellen. Während der Vorbereitung zur Tai-Ping Revolution (1850-1864) trafen sich viele berühmte Kämpfer im Hause von Sou Bak Lay. Hier war auch eine Zusammenkunft der anderen Schulen der südlichen Gottesanbeterin (der Schule nach Chu Fook To und der Qin Chung Pai Schule), sowie anderer Hakka Schulen.
Sou Lian Kong vereinigt die verschiedenen Schulen der südlichen Gottesanbeterin
Sou Bak Lays Bruder Sou Bak Loong lebte mit seiner Familie in Kanton. Als er und seine Frau bei einem Hausbrand ums Leben kamen, blieb ihr Sohn Sou Lian Kong allein zurück. Er lebte als Vagabund in den Straßen und weil er sehr schwächlich war, wurde er von Wegelagerern und anderen Leuten häufig geschlagen und verprügelt. Eines Tages kam ein Mönch namens Lee Sam Sien aus dem Juk Lam Kloster der Provinz Kuang Xi in die Gegend. Sou Lian Kong schloß sich dem Mönch an und lernte bei ihm die Kuang Xi Juk Lam Tong Long Technik ( die südliche Gottesanbeterin der Provinz Kuang Xi). Derweil hatte Lee Sam Sian erfahren, dass Sou Lian Kong ein Neffe von Sou Bak Lay war war und brachte ihn in dessen Haus. Aber erst 5 Jahre später verließ Lian Kong seinen Meister, um seinen sterbenden Onkel Sou Ng Kong, der im Hause seines Bruders Sou Bak Lay lebte, zurückzugehen und ihm die letzte Ehre zu erweisen. Von Ng Kong erlernte er die alten Sou – Techniken, bevor dieser starb, von Sou Bak Lay die Hakka Say Kune, wobei er natürlich besonderen Wert auf die Technik der südlichen Gottesanbeterin legte, die gewisse Ähnlichkeiten mit der Juk Lam Schule besaß. In dieser Zeit besuchte er als Kurier oft die mit seinem Onkel befreundete Tong Long Schule der Provinz Yun Nan, die Qin Chung Pai Schule. Da Sou Bak Lay mit Man Kung Toh, dem Großmeister der Qin Chung Pai Schule sehr eng befreundet war, wurde es auch seinem Neffen gestattet, am Unterricht teilzunehmen. So wurde er nicht nur in den Basistechniken, sondern auch in den höheren Formen unterrichtet. Sou Lian Kong lernte in dieser Zeit auch Lehrer anderer Schulen kennen. Nach dem Tod von Sou Bak Lay verließ Lian Kong das Haus seines Onkels, heiratete Eng Miao Leng und siedelte sich in einem kleinen Dorf Kun Gan in Kanton an.
Kun Gan, die Heimat des „Neuen“ Sou Gar Kune
Nach seinem Tod hinterließ er seinen Sohn Tid Mun seinen Stil, den er Sou Kune nannte. Sou Tid Mun lebte als Bauer in Kun Gan. Er war kein großer Kämpfer, aber gab sein Kung-Fu an seine beiden Söhne Sou Wai Keung und Sou Yaat Loong weiter. Sein zweiter Sohn Sou Min Loong starb mit 12 Jahren. Als fortwährend Räuber in das Dorf einfielen und die Bewohner terrorisierten, beschloß die Dorfgemeinde, ihre ältesten Söhne auf Reisen zu schicken, um Kung-Fu zu lernen und ihr Dorf verteidigen zu können. Das war eine schwere Entscheidung, denn von da an fehlten natürlich viele Arbeitskräfte, aber die Bauern sahen keine andere Möglichkeit. So gründeten sie den Kun Gan Geheimbund, der es sich zum Ziel gesteckt hatte, alles Unrecht zu vernichten. Besonders natürlich die Räubertruppen.
Sou Wai Keung gründet das „Neue“ Sou Gar Kune
Auch Sou Wai Keung, der älteste Sohn verließ das Dorf. Er hatte zwar schon von Kindheit an die Sou Kune Technik seines Vaters gelernt, aber auch er zog aus, um neue Techniken zu erlernen. Dabei suchte er Schulen, die Langhandtechniken benutzten, denn die Sou Kune Schule kannte diese Techniken nicht. Der Geschichte nach soll er in verschiedenen Städten Süd Chinas verschiedene Stile teilweise erlernt haben. Doch kein Stil gefiel ihm so sehr, dass er beschloss, ihn komplett zu erlernen. Bei seinen Wanderungen kam er auch nach Lo Ping in die Provinz Yun Nan. Dort lebte ein alter Lama-Priester mit Namen Kam Po. Dieser war ein Meister der Lama und Boc Hok Pai-Schule (Weißer Kranich). Sou Wai Keung wurde sein bester Schüler. Nachdem er 7 Jahre die Bok Hoc Pai – Schule erlernt hatte, wurde er selber Lehrer im Haus seines Meisters, Sein Meister lehrte seinem treuen Schüler danach über 3 Jahre die alten geheimen Lama Techniken, zu denen auch die Si Da Tui Techniken gehört. Nach dem Tod seines Lehrers kehrte Sou Wai Keung in sein Heimatdorf Kun Gan zurück. Dort traf er alle seine alten Freunde wieder, die gemäß der Regel ihres Dorfes ebenfalls ausgezogen waren, um neue Kung Fu Techniken zu erlernen. Mit seinen Freunden trainierte er zusammen und erlernte auch deren Techniken. Aus den so erworbenen Kenntnissen formte er 1922 einen eigenen Stil, den er SOU GAR KUNE nannte. Man beachte, dass hier zum ersten Mal das Partikel „Gar“ (Familie) auftaucht. Dieses sollte anzeigen, vor allem in der Öffentlichkeit, dass es sich um einen Familienstil handelt, im Gegensatz zu den vorher im Geheimen geübten Techniken des Sou Kune. Sou Wai Keung gab sein System an seinen jüngeren Bruder Sou Yat Loon weiter. Dieser fügte dem System zwei Shao Lin Stile, die er in Shanghai gelernt hatte hinzu, ohne aber dabei die Basisformen seines Bruders zu verändern. Nachfolger Sou Yat Loongs, der wiederum Techniken der nördl. Gottesanbeterin dem System hinzufügte und es dann an seinen Schüler Hans Ulrich Sommer weitergab.