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CHINESE SOU GAR KUNE MARTIAL ARTS SPORT ASSOCIATION

Die schriftliche Darstellung von Formen und Anwendungen in den Kampfkünsten

Ein wesentlicher Teil asiatischer Kampfkünste sind die Formen und Waffenformen. Einige Schulen haben bis zu 200 Formen in Ihrem Repertoire. Das stellt natürlich für den Lernenden eine erhebliche Herausforderung nicht nur für das technische Können, sondern auch für das Gedächnis dar. Häufig lernen Schüler 10, 12 Formen und haben dann Probleme, sich an die exakte Ausführung der ersten Form zu erinnern, wenn diese nicht regelmäßig geübt wird. Ein ähnliches Problem tritt auf, wenn Formen verschiedener Systeme oder Schulen gelernt werden und diese wirklich exakt wiedergegeben werden sollen.

 

Heute, im Zeitalter digitaler Technik, ist es kein Problem mehr, Formen per Bild und Ton (Video) aufzuzeichnen. Wenn man dann einige Teile der Form nicht mehr perfekt in Erinnerung hat, kann man sehr einfach dort nachschauen. Besonders wichtig sind hier die Kosten. Heute sind diese, bezogen auf die Aufnahmemedien (Videokassette, VCD, DVD) verhältnismäßig gering. In den letzten 70 ‚er Jahren war dies nicht der Fall. Video, VCD und DVD existierten noch nicht. Die einzige Methode, Daten bildhaft aufzuzeichnen war der Schmallfilm (Super 8mm). Filme mit einer Aufzeichnungsdauer von ca. 3 Minuten kosteten etwa 15.- bis 20.- DM. Dies reichte aber häufig nicht aus für die komplette Aufzeichnung einer Form. Daher mußte man sich eine preiswertere Möglichkeit der Aufzeichnung überlegen.

 

Hier hatte SiFu Dr. Hans-Ulrich Sommer eine einfache aber gute Idee. Er schrieb einfach die Form in einem speziellen Code auf, den er jederzeit beim Training wieder abrufen konnte.

 

Die schriftliche Darstellung nach SiFu Dr. Hans-Ulrich Sommer

Als SiFu Sommer in den 70 ‚er Jahren bei seinem und anderen Lehrern lernte, musste er die Formen sehr schnell aufschreiben und notieren können. Dafür entwickelte er als erster verschiedene Codes, die in unterschiedlichen Formen niedergeschrieben werden konnten.

 

Die (rein) sequentielle Darstellung

Die rein-sequentielle Darstellung war die erste, die Dr. Sommer benutzte. Dabei wurden alle Grundtechniken und Grundmuster in kontinuierlicher Reihenfolge hintereinander geschrieben. Getrennt wurden sie durch einen senkrechten Strich. Sollte eine Grundtechnik mehrmals hintereinander ausgeführt werden, so wurde dies durch eine vorangestellte Zahl mit einem Stern ausgedrückt. Grundstellungen wurden in runden Klammern geschrieben, Schritte in zwei Doppelpunkt-(Klammern) gesetzt. Grundmuster wurden in eckigen Klammern geschrieben. Fußtechniken und Handtechniken wurden „normal“ niedergeschrieben. Sollten Grundmuster und Technikfolgen wiederholt werden, so wurde am senkrechten Schlußstrich des Grundmusters eine Zahl, ein Doppelpunkt und ein dickerer senkrechter Strich gesetzt. Bei bis zu drei Wiederhohlungen wurden einfach nur Zusatzsenkrechtstriche geschrieben (Beispiel: drei Wiederhohlungen, drei Striche).

 

 

Die reine Code-Darstellung wurde im Laufe der Zeit mehrmals verändert und angepasst. So wurden bei häufig benutzten Techniken Abkürzungen eingeführt. Wesentlich ist auch, das in dem Code auch Angaben über die Geschwindigkeit der Ausführung der Form an jedem Punkt vorhanden waren. D.h. die Ausführungsgeschwindigkeit jedes einzelnen Grundmusters, Abschnitts und der gesamten Form war jederzeit aus dem Code zu entnehmen. Auch die Atemtechnik konnte so an jeder Stelle nahezu perfekt aufgezeichnet werden. Die rein sequentielle Darstellung der Form hatte ganz erhebliche Vorteile bei der Aufnahme. Da alles hintereinander geschrieben wurde brauchte man wesentlich weniger Zeit beim niederschreiben als bei den nachstehend aufgeführten Methoden. Allerdings konnten nachträglich eingebrachte Änderungen nicht mehr so einfach eingeführt werden. Dafür entwickelte SiFu Sommer die sequentiell – indizierte Methode.

 

Die sequentiell – indizierte Darstellung

Die sequentiell – indizierte Methode entspricht weitgehend der rein sequentiellen Methode mit einer Ausnahme. Die einzellnen Punkte (Techniken, Grundmuster, Atmung, Geschwindigkeit usw. konnten indiziert werden. Die Indizierung wurde mit Zahlen oder Buchstaben vorgenommen, die hinter dem eigentlichen Element in „spitzen“ Klammern gesetzt wurden. Zusatzinformation konnte so auf anderen Seiten plaziert werden. Dieses Verfahren war besonders bei Formen angebracht, die Techniken enthielten, deren Namen nicht eindeutig waren oder die aus anderen fremden Schulen oder Systemen stammten und mit den bekannten Namen zu Überschneidungen führten.
Damit war es möglich, nahezu alle Informationen zu einer Form „abzuspeichern“. Eine Form konnte schnell erstellt werden, d.h. während der Ausführende die Form lief (natürlich etwas langsamer als normal), konnte die Form schriftlich „aufgenommen“ werden. Diese Art der Darstellung wurde von SiFu Sommer lange Zeit genutzt, insbesondere wenn er neue Formen „aufnahm“. Allerdings hatte die sequentielle Darstellung auch einen erheblichen Nachteil. Wollte man nämlich die Form wieder „lesen“, so mußte man die ganze Form von vorn bis zu dem Punkt durchgehen, zu dem man wollte. Kurz gesagt, die sequentielle Darstellung war recht unübersichlich bei der „Wiedergabe“. Hier überlegte sich SiFu Sommer etwas vollkommen Neues einzusetzen, die Tabelle.

 

Die teil-relationale Darstellung

Die tabellarische Darstellung (relationale Darstellung) war und ist eine der praktischsten Darstellungsweisen. Zwar ist die sequentielle Darstellung für die Aufnahme von Daten besser geeignet, da schneller, dennoch bietet die relationale (tabellarische) Darstellung mehr Vorteile. Liegt eine Form erst einmal in der tabellarischen Darstellung vor, ist es für den Schüler wesentlich einfacher, sich schnell zurecht zu finden. Übersichlichkeit und bessere Lesbarkeit sind wesentliche Argumente für die relationale Darstellung. Aber Tabellen waren in den 70 ‚er Jahren noch ungünstig zu handhaben, da nur eine Papierdarstellung verfügbar war, die nur in wenigen Fällen einfach korrigierbar war. Mit Weiterentwicklung der EDV und speziell der Datenbanken und Tabellenkalkulationen war dies bald kein Problem mehr. Der erste, neue Typ war die teil-relationale Darstellung. Dabei werden alle Grundtechniken und Elemente in einer Tabelle abgelegt. Sie stehen als Überschriften in der ersten Zeile. Zusätzlich wird in der ersten Spalte eine Lauf- oder Zählervariable ausgegeben, die von 1 nach X ( letzte, auszuführende Technik ) hochzählt. Damit kann man sehr schnell überblicken an welcher Stelle einer Form man sich gerade befindet. Durch den geordnetten Aufbau der Tabelle, sind auch die einzelnen Elemente (Grundtechniken, Grundmuster) sofort zu erkennen.

 

 

Die teil-relationale Darstellung ist die heute bei SIFU Sommer hauptsächlich benutzte Variante der Darstellungen, weil sie mit einfachen Mitteln eine große Aussagekraft besitzt. Als ein Nachteil ist jedoch zu sehen, das bestimmte zusätzliche Informationen nicht verfügbar sind. In solchen Fällen, da dies notwendig erscheint, wird auf die erweiterte, teil-relational – indizierte Darstellung zurückgegriffen.

 

Die teil-relational – indizierte Darstellung

Die teil-relational – indizierte Darstellung stellt eine Erweiterung der teil-relationalen Darstellung dar. Informationen, die nicht mehr in eine Tabelle eingebracht werden können, werden idiziert und in einer zweiten Tabelle oder Liste aufgeführt. Der Vorteil ist, man benötigt im Normalfall nur zwei Tabellen, um die gesamten Informationen darstellen zu können. Diese Form der Darstellung wird z.B. bei Tai Chi Formen eingesetzt. In einer solchen Tabelle wird sehr viel Information in eine Zeile benötigt (z.B. Zählvariable – Grundschritt/Tritt – Grundstellung – Hand-/Waffentechnik – Grundmuster – Himmelsrichtung (Ausrichtung des Körpers) – Geschwindigkeitskomponente der Bewegung – Atemtechnik(Ein-Ausatmung), Geschwindigkeit der Atmung – Chi- (Akkupunktur) Punkte usw.  Wie leicht zu erkennen ist kann man all diese Informationen nur sehr schwer in eine Zeile unterbringen. Häufig wird auch während des Übens nicht immer alle Information benötigt. (Beispiel: Ein „Anfänger“, der eine Tai Chi Form lernt, wird nicht die Informationen über Chi Fluss und Atemtechnik benötigen. Auch Geschwindigkeiten und Rhythmus sind für ihn noch nicht wichtig. Wohlaber benötigt er Kenntnis über die Grundtechniken (Stellungen usw.) und Grundmuster. Es reicht also vollkommen aus, wenn er diese Informationen in einer tabelle vorfindet. Weitere Informationen kann er aus einer zweiten Tabelle entnehmen. Diese Art der Darstellung ist heute besonders für die inneren Stile Tai Chi Chuan, Pa Kua Chang, Tai He Chuan, Hsing Yi Chuan usw. angebracht und wird dort verwendet.

 

Die voll-relationale Darstellung

Wer sich in Datenbankendesign auskennt hat schon etwas von den Begriffen der „Normalformen“ gehöhrt. Hier spielt die sogenannte 3. Normalform eine wesentliche Rolle. Vereinfacht ausgedrückt versteht man darunter, das Informationen nicht doppelt in Tabellen angelegt werden und das sogenannte Primärschlüssel für die Zuordnung von Daten sorgen.  Diese Art der Darstellung bedeutet, dass mehrere Tabellen u.U. angelegt werden, die keine Redundanzen enthalten dürfen. Für die Praxis ist diese Art der Darstellung nur dann angebracht, wenn alle Daten auf einem Rechner liegen (Datenbank), und diese Daten dann schnell verfügbar gemacht werden. Die wenigsten Schüler nehmen jedoch ihren Rechner mit zum Training. Daher eignet sich die voll-relationale Darstellung beim Training weniger zur Darstellung der Elemente. Für Datenbankanwendungen (auch in Formendarstellungen) allerdings ist sie die beste Wahl.

 

Die voll-relational – indizierte Darstellung

Die voll-relational – indizierte Darstellung stellt eine Erweiterung der voll-relationalen Darstellung dar. Sie wird eingesetzt, wenn neue Zusatzdaten aufgenommen werden sollen und nicht unbedingt eine neue Tabelle angelegt werden soll.

 

Die Code-Darstellung nach SiFu Dr. Hans-Ulrich Sommer

Die Darstellung der Formen mittels eines festgelegten Codes geschah in Abhängigkeit der oben erwähnten Darstellungsweisen. Zunächst wurden einfach die Namen der Techniken hintereinander geschrieben. Für die Aufnahme von Formen war dies jedoch ein sehr zeitaufwendiger Prozeß. So wurden bestimmte Festlegungen getroffen. Häufig verwendete Grundtechniken wurden abgekürzt, sei es durch Buchstaben, chinesische Schriftzeichen oder andere Schriftzeichen, denen allen eine feste Bedeutung zugeordnet wurde. Wurden gleichlautende Techniken anderer Ausführung mitaufgenommen, so wurden entweder neue Abkürzungen getroffen oder Indizierungen vorgenommen. Die Vereinfachungen führten dazu, das Code schnell eingegeben werden konnte. Für denjenigen, der den Code kannte, war das Einlesen und Ausgeben von Technikinformationen recht einfach. Schüler allerdings hätten hier längere Zeit gebraucht, diesen Code zu erlernen, da er sich ja im Laufe der Zeit (20 Jahre) doch stark verändert hat. Da jeder Schüler aber sowieso die Namen der Techniken, die er übt erlernen muß, wäre dies ein doppelter Aufwand gewesen. Daher entschloß sich SiFu Sommer, Schülern nur die Namen der Techniken zu unterrichten ( und das sind immer noch immens viel ). Der heutige Code besteht zu 95 % aus den Namen der Elemente (Grundtechniken, Grundmuster usw.) und nur zu höchstens 5% aus anderen Codes ( Beispiel: Chi-Fluß, Himmelsrichtungen, Geschwindigkeitsstufen, Pausen usw.). Er ist so gehalten, dass er möglichst leicht verständlich ist (kein langes Erlernen einer Codesprache) und möglichst viel Information dem Schüler gibt. Damit ist er eine ideale Hilfe beim Erlernen von Formen und Bewegungsabläufen.

 

„Programmierung“ von Formen und Bewegungsabläufen

Zur Zeit, da SiFu Dr.Sommer die Code- und sequenzielle bzw tabellarische Darstellung entwickelte war das Wissen um die heutigen Begriffe der EDV und Datenverarbeitung nicht bekannt. Auch Programmiersprachen und deren Logik kannte er nicht. Umso mehr erstaunt es, dass er genau diese Mittel zu Lösung seiner Probleme einsetzte. Was heute für viele selbstverständlich ist, mußte damals mühsam erarbeitet werden und entsprechende Konzepte mußten erstellt werden.
Heute wäre vieles einfacher. Aber denken wir etwas in die Zukunft. Durch den von SiFu Sommer entwickelten Code ist es möglich, Formen und andere Bewegungsabläufe zu programmieren. Nicht nur , das neue Formen sozusagen am Schreibblock oder im Computer auf der Textverarbeitung entstehen können, nein man könnte damit sogar Videosequenzen programmieren und Formen sozusagen „am Reissbrett“ erstellen. Insbesondere könnte man Abfolgen von Bewegungen ausführen lassen und der „Gegner“ könnte darauf reagieren. Die Möglichkeiten sind lange noch nicht erschöpft. Code- und Darstellungen von Bewegungsabläufen (nicht nur im Kampfsport, sondern allgemein) werden wahrscheinlich in der Zukunft viel häufiger Anwendung finden, als dies bisher der Fall war.